Exkursion am 7. Juni 2002:

Wallburgen auf dem Lörmund & Hohler Stein

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Die Wallburgen auf dem Lörmund

Geschichte der Wallburgenforschung in Westfalen
Die Geschichte der Wallburgenforschung ist eng verbunden mit der Geschichte der 1897 gegründeten Altertumskommission für Westfalen, die in der Erforschung der zahlreichen westfälischen Wallburgen eines ihrer Hauptziele erblickte. Anfangs stand die Frage im Vordergrund, welche Rolle die Wallburgen in den römisch-germanischen Auseinandersetzungen gespielt haben. (Eine Fragestellung, die in zahlreichen Arbeiten von Hobbyhistorikern zur Varus-Schlacht bis heute eine bedeutende Rolle spielt.)
1906 wurde innerhalb der Altertumskommission eine spezielle Atlaskommission gegründet, die die Erarbeitung und Herausgabe eines Atlas der westfälischen Wallburgen (nach niedersächsischem Vorbild) vorantreiben sollte. Die intensive Arbeit zeigte erste Ergebnisse: als Hauptnutzungsperioden der Wallburgen in Westfalen wurden die vorrömische Eisenzeit, die Zeit um Christi Geburt sowie das Frühmittelalter (Auseinandersetzungen zwischen Franken und Sachsen) erkannt.
1920 erschien der Atlas vor- und frühgeschichtlicher Befestigungen in Westfalen. 16 Burgen wurden vorgestellt, darunter auch die Wallburg auf dem Lörmund. In der Folgezeit geriet dieses Projekt ins Stocken. Nach dem 2. Weltkrieg wurde versucht, erneut an die Arbeit anzuschließen. Aber auch das mißlang letztendlich. Ein Grund dafür liegt in der großen und noch immer steigenden Zahl von zu bearbeitenden Anlagen. Die erste Aufstellung verzeichnete ca. 150 Anlagen, 1962 waren es bereits über 600.
1972 beschäftigt sich Ph. R. Hömberg ausführlich in seiner Dissertation Untersuchungen an frühgeschichtlichen Wallanlagen Westfalens mit einer großen Anzahl von westfälischen Wallburgen.
Seit 1983 erscheint eine kleine Reihe Frühe Burgen in Westfalen, die gewissermaßen das gescheiterte Atlas-Projekt in populärwissenschaftlicher Form und auf Einzelhefte verteilt fortzusetzen sucht.
Die letzte ausführliche Beschäftigung mit Wallburgen liegt mit der Ausstellung und dem Begleitbuch "Hinter Schloß und Riegel" aus dem Jahr 1997 vor.

Forschungsgeschichte Lörmund
Die Wallburg auf dem Lörmund erscheint schon 1888 in K. Mummentheis Erstes Verzeichnis der Erd- und Steindenkmale des Süderlandes.
1906 Untersuchungen und Ausgrabungen in der Wallburg durch E. Hartmann. C. Schuchardt und E. Hartmann deuteten die ergrabene Wallburg als das bei verschiedenen frühen Geschichtsschreibern (Hrotsvit von Gandersheim, Widukind von Corvey, Continuator des Regino von Prym) erwähnte Castellum/Praesidium Baduliki.
Hier klicken - Plan vergroessern!1920 erscheint ein neuer Plan mit knapp zweiseitigem Kommentar von F. Biermann und J. H. Schmedding im Atlas vor- und frühgeschichtlicher Befestigungen in Westfalen. Schon diese Autoren sprechen sich gegen die Gleichsetzung der Wallburg auf dem Lörmund mit der Burg zu Belecke aus. Gleichzeitig werden historische Informationen geboten.
Die Beobachtung von Spitzgräben in der Altstadt von Belecke in den 30er und 40er Jahren kann als Beleg für eine frühe Burg Belecke gelten, die Gleichsetzung von Lörmund und Baduliki ist damit archäologisch hinfällig.
Ph. R. Hömberg erwähnt in zwei Arbeiten der 70´er Jahre kurz die Wallburg auf dem Lörmund. Zuletzt gibt es aus seiner Feder eine kurze Zusammenfassung im 2001 erschienenen Führer zu archäologischen Denkmälern.
Sein Vater - Albert K. Hömberg - hatte auf einen möglichen historischen Hintergrund aufmerksam gemacht: In einer Aufzeichnung aus dem 12. Jahrhundert beansprucht der Erzbischof von Köln folgenden Bereich als Ostervvalt - Osterwald - für sich:

Ostervvalt tota silua pertinet ad beatum Petrum, icipiens a loco, qui dicitur Nezzelvvinkel per dotalem mansum in Odakker transiens in locum, qui dicitur Lininchusen et unde in flumen Rurem et inde in flumen, quod dicitur Almana.

Odacker ist eindeutig zu identifizieren, auch für Lininchusen gibt es Indizien (im Ruhrtal bei Enste), offen bleibt allein Nezzelwinkel, das in Verlängerung der Punkte Lininchusen - Odacker zu suchen ist. Die bei H. Schoppmeier und K. Süggeler vorgetragene, sich auf B. Kraft und J. S. Seibertz gründende Vermutung, der ´Netzewinkel´ habe einige hundert Meter westlich der Wallburg gelegen ist jedoch wenig wahrscheinlich. Mit dem Nezzelwinkel der Grenzbeschreibung ist keine jagdliche Einrichtung (Aufstellen von Netzen) gemeint sondern - bei Beachtung sprachlicher Kriterien - eine von Nesseln bestandene Fläche. Außerdem ist Nezzelwinkel östlich der Wallburg zu erwarten, zwischen Mühlheim und Belecke. Eine Möglichkeit der Lokalisierung könnte demnach im Möhnetal, direkt westlich des Schlosses Welschenbeck bestehen. Diese Flur trägt die Bezeichnung ´Alte Hof´, was einen sicheren Hinweis auf eine Wüstung, einen untergegangenen Hof darstellt.

Beschreibung
Hier klicken - Plan vergroessern!Auf einem westlichen Ausläufer des Ochsenrückens, im Mündungswinkel zwischen Möhne und Riemecke, befindet sich der aus mehreren einzelnen Wällen gebildete Ringwall des Lörmunds.
Zu unterscheiden ist eine kleinere hochmittelalterliche Anlage von einem deutlich älteren Wallsystem. Die hochmittelalterliche Burg - der Standort der Kreuzbergkapelle - ist durch einen tiefen sog. Halsgraben von der größeren Anlage getrennt.
An der Westseite finden sich keine Wälle, hier reicht die natürliche Geländesteile als Annäherungshindernis aus. Das aus dem Halsgraben stammende Material wurde am Hang angeschüttet, noch heute sind die Schuttkegel zu erkennen. Der 8 - 10 m tiefe Halsgraben trennt einen ca. 0,2 ha großen Burgplatz vom restlichen Ringwall ab.
35 m östlich befindet sich ein weiterer Wall mit Graben. Die Wallenden setzen an Terrassenkanten an. Dieser Wall kennzeichnet möglicherweise den Kernbereich der alten Burg.
Das östliche Ende wird durch zwei weitere Wälle gebildet.
Unklar ist der alte Zugang zur Burg. Möglicherweise bestand ein Weg an der Südseite, dann läge ein Tor mit "überlappenden Wallenden" vor.
Die Kreuzbergskapelle wurde 1890 errichtet. Vorher - 1845 - wurde am Lörmund ein hölzerner Kreuzweg errichtet, der 1865 durch Sandsteinkreuze ersetzt wurde.

Neue Fragestellungen
Bei den Ausgrabungen zu am Beginn des Jahrhunderts sind Reste vorgeschichtlicher Keramik gefunden worden, denen man jedoch keinerlei Bedeutung beimaß. Neue Erkenntnisse über die mehrperiodige Nutzung von Höhenbefestigungen haben erst in den letzten Jahren zu einem anderen Verständnis dieser Anlagen geführt. Es stellte sich heraus, daß gerade in der Jungsteinzeit, im 4. bis 3. Jahrtausend v. Chr. Wallanlagen sowohl in der Ebene als auch auf Sporn- und Gipfellagen der Berge errichtet worden sind. "Michelsberger Land" - hier clicken zum Vergroessern!Bekannte Beispiele für Erdwerke in der Ebene sind Salzkotten-Oberntudorf und Soest (mitten in der heutigen Innenstadt). Exemplarische Beispiele für Spornlagen bei jungsteinzeitlichen Erdwerken sind die Oldenburg auf dem Fürstenberg bei Neheim-Hüsten, sowie die Anlage bei Büren-Brenken. Für einige dieser Anlagen wird heute neben einer vielleicht auch vorhandenen praktischen Funktion vor allem die Funktion als kultisches Zentrum gesehen. Auf diese Weise ließen sich ansonsten schwer erklärbare Befunde als Reste von Opferde-ponierungen deuten. In der Michelsberger Kultur - ca. 4200 - 3500 v. Chr. - scheinen beispielsweise die Spornbefestigungen tatsächlich zu Verteidigungszwecken erbaut worden zu sein. Es gibt Hinweise auf längere Besiedlung, auf Zerstörung durch Feuer, auch auf Kampfhandlungen. Die in der Ebene gelegenen Erdwerke dieser Zeit weisen keinerlei Spuren von Besiedlung auf, sind strategisch ungünstig gelegen. Hier scheint es sich um Versammlungsorte zu handeln.
Die Tatsache, daß auch die Wallburg auf dem Lörmund - leider nicht näher bestimmte - jungsteinzeitliche Keramik erbracht hat, kann vielleicht in diese Richtung weisen. Demnach wären zwar die heute zu beobachtenden Wälle und Gräben früh- und hochmittelalterlich, dennoch spricht einiges dafür, daß der Bergrücken schon einige Jahrtausende früher regelmäßig von Menschen aufgesucht worden ist.
Ph. R. Hömberg geht eher von einer späteren Erstnutzung der Anlage aus. Die Scherben und das möglicherweise vorhandene Tor mit überlappenden Wallenden könnten auf eine erste Nutzung des Lörmundes in der vorrömischen Eisenzeit hindeuten.
Aus diesem Grunde wäre eine Neuuntersuchung der Wallanlagen auf dem Lörmund sehr wünschenswert - aber leider unbezahlbar...

Literaturliste

Zur Burg:

Zum historischen Hintergrund:

Der Hohle Stein bei Kallenhardt

Der Hohle SteinGeologische Situation
Vor 350 Millionen Jahren, im Erdzeitalter des mittleren Devon, bildeten sich im Devon-Meer rund um Warstein mächtige Kalkstein-Schichten, ein Riff aus den Resten abgestorbener Meerestiere. Am südlichen Rand des südlichen der beiden großen Kalkstein-Züge des Warsteiner Sattels liegt der Hohle Stein. In den folgenden Erdzeitaltern wurde die mächtige Kalksteinbank durch Erdverschiebungen und gebirgsbildende Vorgänge gefaltet und geklüftet. Kleinere dieser so entstandenen Spalten wurden im Laufe der Zeit wieder durch kalkige Sedimente verfüllt.
Südlich des Hohlen Steins liegen die sog. Arnsberger Schichten, die vor ca. 270 Millionen Jahren, im Erdzeitalter des Oberkarbon, entstanden.
Zum Vergroessern hier clicken!Geologische Karte - zum Vergroessern clicken!Am Fuße des Hohlen Steins trifft das kohlensäurehaltige Wasser der Lörmecke auf den Massenkalk. Einerseits setzt der harte Kalkstein dem Wasser Widerstand entgegen - die Lörmecke ändert in der Umgebung des Hohlen Steins die Richtung - andererseits löst das saure Wasser den Kalkstein langsam auf, und so konnten sich im Laufe der Zeit im Lörmecketal zahlreiche Höhlen bilden. Am Beispiel des Hohlen Steins kann besonders gut der Zusammenhang von Tektonik und Höhlenentstehung aufgezeigt werden. Die Form des Hohlraums wird deutlich durch die Klüftung und Schichtung des Gesteins bestimmt.

Blick aus dem Hohlen SteinBeschreibung
Die große Halle des Hohlen Steins hat eine maximale Längenausdehnung von ca. 30 m, die maximale Breite beträgt ca. 20 m. Außerdem setzt im Süden der Halle ein Nebengang an, der nach ca. 12 m zu Tage tritt.
Heute liegt der südliche Eingang etwa 3 m, das Höhlenportal im Westen ca. 8 m über dem Normalwasserspiegel der Lörmecke. Die Höhle bleibt also auch bei Hochwasser vollkommen trocken.

Forschungsgeschichte
Henneboele und Andree - zum Vergroessern clicken!1928 - 1934 führten E. Henneböle (Rüthen) und J. Andree (Münster, später ´SS-Hofarchäologe´) Ausgrabungen im Hohlen Stein durch. Erst dadurch erreichte die Höhlenhalle ihre heutige imposante Größe. Vor dem Entfernen der ca. 1500m3 Sediment war die Halle nur an wenigen Stellen höher als etwa 3 m. In der Höhle fanden sich zwei klar unterschiedene Kulturschichten. Die eine gehört in die ausgehende Altsteinzeit, fällt mit dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 8.000 - 9.000 Jahren zusammen.
Grabungsplan - zum Vergroessern clicken!Über dieser Schicht fanden sich zahlreiche Relikte aus beiden Stufen der ´vorrömischen Eisenzeit´ (ca. 750 v.Chr. - Zeitenwende): Keramikscherben, Fibeln, die zum Schließen und Raffen der Kleidung dienten, Schmuck, Spinnwirtel, menschliche Skelettreste.
Eisenschmelzoefen - zum Vergroessern clicken!Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß ca. 1.000 m Bachaufwärts Eisenschmelzöfen gefunden wurde. Scherbenfunde an diesem Fundplatz legen möglicherweise eine gleichzeitige Nutzung der Öfen und der Höhle im Hohlen Stein nahe. Derzeit wird die Gleichzeitigkeit der Funde jedoch teils skeptisch beurteilt.
Seit der Entdeckung menschlicher Skelettreste im Hohlen Stein wird spekuliert, ob es sich bei einem der Toten um ´König Attila´ von Soest gehandelt haben könnte. Davon muß man jedoch Abschied nehmen. Der Tote im Hohlen Stein ist schlicht einige Jahrhunderte zu früh gestorben, um mit der Sage übereinzustimmen.
Wichtige Funde aus dem Hohlen Stein sind im Museum in Lippstadt ausgestellt.
Auch in der geschichtlichen Zeit - bis in die Neuzeit hinein - wurde der Hohle Stein von Menschen bewohnt oder benutzt. 1590 flüchtete ein Schäfer des nahegelegenen Schlosses Körtlinghausen mit seiner Herde vor Wölfen in die Höhle. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts beherbergte die Höhle gar eine Falschmünzerwerkstatt. 1813 diente der Hohle Stein einem zugezogenen Sattler und Riemenschneider namens Föhring als Werkstatt und Notunterkunft, bevor er die Erlaubnis erhielt, sich in der Stadt Kallenhardt niederzulassen. Die Erinnerung an diesen Föhring dürfte wohl den Hintergrund einer kleinen Höhlensage bilden:

"Zu Großmutters Zeiten war es bei der Höhle nicht recht geheuer. Die Seele eines Mannes namens Röing, der vor etlicher Zeit lebte und eines gewaltsamen Todes starb, wurde in den Hohlen Stein verbannt. Seitdem geht seine Seele dort um. Eines Abends wagte ein Übermütiger, sie aufzufordern: "Röing, kumm mol heri-ut!" Da fing es in der Höhle an zu rumoren. Unter donnerähnlichem Krachen kol-lerten schwere Brocken den Felsen herab, einer bis dicht vor Benz Mühle. Alle Leute in der Mühle machten vor Schreck das Kreuzzeichen. Der große und sonst so freche Wolfshund verkroch sich winselnd in eine Ecke. der Herausforderer wagte nicht, an dem Abend nach Hause zu gehen und bat, über Nacht in der Mühle bleiben zu dürfen." (nach Henneböle, 1963)

Im 19. Jahrhundert war der heute so auffällige große ´Haupteingang´ fast völlig verstürzt, kurz nach 1800 wird er noch als ´mäßig groß´ beschrieben, später scheint er ganz verschlossen gewesen zu sein. Die so entstandene Schutthalde wurde in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts abgebaut, um daraus Material zum Wegebau sowie Kalk zu gewinnen.

Zur Interpretation der altsteinzeitlichen Funde
Tundra - zum Vergroessern clicken!Beim Bau eines Klärbeckens bei Rüthen im Möhnetal, wurde unter ca. 2 m Auenlehm eine ca. 1 m mächtige Torfschicht gefunden. Bei der Untersuchung der im Torf erhaltenen Pollen stellte sich heraus, daß die untere Schicht des Torfes etwa aus der gleichen Zeit stammt, wie die steinzeitlichen Reste aus dem Hohlen Stein, der jüngeren Dryas- und der Parktundrenzeit (also ca. 9.000 - 8.000 v.Chr.). Die gefundenen Pollen geben Aufschluß über Klima und Landschaft dieser Zeit. Es wurden nur vereinzelt Baumpollen nachgewiesen (Weide, Birke, Kiefer), hauptsächlich Nichtbaumpollen. Bei Durchschnittstemperaturen, die ca. 6ºC unter den heutigen lagen, hatte sich eine baumarme Tundra entwickelt.
Stielspitzen aus dem Hohlen SteinDie verschiedenen Ausgrabungen rund um den Hohlen Stein in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts erbrachten eine große Anzahl von end-altsteinzeitlichen Funden. Nach dem bedeutendsten Fundort wird diese Kultur die ´Ahrensburger Gruppe´ genannt. Das typische Werkzeug ist die sog. Stielspitze.
Ahrensburger RentierjaegerNeben ca. 1500 Steinwerkzeugen, einzelnen Knochenwerkzeugen, fanden sich vor allem Tierknochen, hauptsächlich vom Rentier, weiterhin Knochen vom Wollnashorn, (Höhlen?)Bär, Eisfuchs, Schneehuhn und anderen Vertretern der eiszeitlichen Tierwelt. Diese Knochen sind nun nicht gleichzeitig in die Höhle gelangt. Sicher gleichzeitig mit den Werkzeugen der Ahrensburger Fundschicht sind allein die Reste von Rentier, Schneehuhn, und Eisfuchs.
Die Funde des Hohlen Steins sind von außerordentlicher überregionaler Bedeutung. Der Hohle Stein gehört zu den wichtigsten Funden der Ahrensburger Gruppe im gesamten Mitteleuropäischen Mittelgebirgsraum (neben den Höhlenstationen Kartstein und Remouchamps). M. Baales hat 1996 eine umfangreiche Dissertation vorgelegt, in der er die "Umwelt und Jagdökonomie der Ahrensburger Rentierjäger" beschreibt. Die Rentierjäger der End-Altsteinzeit ´folgten´ nicht den Herden - wie bis heute oft zu lesen ist - dafür sind Rentierherden viel zu schnell. Statt dessen zogen sie den Herden voraus, lauerten an Engstellen und Pässen. Diese sog. "head´em off at the pass" Technik wurde bei rezenten Rentierjäger-Stämmen Nordamerikas beobachtet, dann auf schon bekannte altsteinzeitliche Fundkomplexe übertragen. Erst dadurch wurden bisher unerklärbare Befunde verstehbar, z. B. die häufig gefundenen großen Mengen von winzigen Knochenbruchstücken. Die Knochen wurden fein zerstoßen, mit Wasser aufgekocht, so daß sich das in den Knochen enthaltene Fett löste und abgeschöpft werden konnte. Dieses Knochenfett war der entscheidende Vorrat in Zeiten ohne Jagdmöglichkeit. Ob solche Kleinstfragmente auch im Hohlen Stein gefunden wurden ist nicht mehr zu klären, da sie möglicherweise nach der Ausgrabung verloren gegangen sind.
Die Rentiere wanderten im Frühjahr aus den Wintereinständen im Tiefland in die Sommereinstände in den Mittelgebirgen. An Engpässen wurden sie auf diesen Wanderungen bereits von den Ahrensburger Rentierjägern erwartet. Diese hatten offensichtlich die Zeit bis zum Eintreffen der Rentiere genutzt, um Werkzeuge und Jagdwaffen in großer Zahl zu produzieren. Der besonders geeignete Feuerstein ist aus mindestens 10 km Entfernung herbeigeschafft worden.
Rentierzuege in Mitteleuropa - zum Vergroessern clicken!Im Frühjahr wanderte eine Herde Rentiere von der Haar aus nach Süden, überquerte die Möhne und nutzte das breite Glennetal, um tiefer in den Arnsberger Wald eindringen zu können. Möglicherweise hatten die Rentierjäger am Zusammenfluß von Glenne und Lörmecke das Glennetal mit eine Barriere versperrt, um sicher zu gehen, daß die ganze Herde am Hohlen Stein vorbeizog. An der Engstelle knapp unterhalb des Hohlen Steins konnten dann mindestens 14 - wahrscheinlich aber erheblich mehr - Rentiere in kurzer Zeit erlegt werden. Lebensbild der Ahrensburger am Hohlen Stein - zum Vergroessern clicken!Die Tiere wurden zerlegt, die Knochen zur Markgewinnung aufgeschlagen. Nachdem so ein Vorrat an Nahrung und Werkzeugen geschaffen war, zogen die Jäger vielleicht an andere Engpässe in der Nähe (Eppenloch, Bilsteinhöhle), oder ebenfalls nach Süden, um in den Sommereinständen der Rentiere weiter auf die Jagd nach einzelnen Rentieren gehen zu können. Als Last- und Zugtiere dienten dieses Jägern ausschließlich Hunde. Ein Hund ist für die Höhlenstation Kartstein mit einiger Sicherheit nachgewiesen, ein einzelner Zahn aus dem Hohlen Stein könnte eventuell auch von einem Hund stammen.
Im Hohlen Stein wurden zahlreiche dünne Geweihe von weiblichen oder noch nicht ausgewachsenen Rentieren gefunden, die keinerlei Bearbeitungsspuren tragen. Solche Funde kommen auch im Eppenloch und an anderen Fundstellen in Westfalen und darüber hinaus vor. Es könnte sich hier eventuell um rituelle Deponierungen handeln.

Der Hohle Stein in der vorrömischen Eisenzeit
1982 überprüfte H. Polenz die Höhlenfunde des Sauerlandes auf die Möglichkeit einer kultischen Interpretation: "Die aufgezeigten Phänomene lassen keinen anderen Schluß zu, als daß wir es - und dies gilt wahrscheinlich doch für alle - bei den hier besprochenen Höhlen während der vorrömischen Eisenzeit mit Kultstätten zu tun haben." Zu den besprochenen Höhlen gehörte auch der Hohle Stein. W. Bleicher spricht sich in seiner Dissertation über Die Bedeutung der eisenzeitlichen Höhlenfunde des Hönnetals eindeutig für eine kultische Nutzung der Höhle aus. Wie bei ihm üblich, schließt er aus neuzeitlichen Sagen schnell auf eisenzeitliche Praktiken.
Eisenschmelzoefen im LoermecketalMit dem Ende der Bronzezeit, in der die Bewohner des Sauerlandes noch vollständig auf importiertes Metall angewiesen waren, mit dem Aufkommen des neuen Werkstoffes Eisen, kam es zu tiefgreifenden Veränderungen im Sauerland. Die bisher dünn besiedelten Bergländer wurden durch ihre reichen Erzvorkommen interessant. Möglicherweise stammen die im Lörmecketal ausgegrabenen Schmelzöfen aus dieser Zeit, sicher ist das leider nicht. Verschiedene Einzelfunde deuten auf Beziehungen zum südosteuropäischen Bereich, zum Kernland der Hallstattkultur.
Hoehlenfunde der vorroemischen Eisenzeit - zum Vergroessern clicken!Im Hohlen Stein fanden sich in der "Schicht IV" menschliche und tierische Skelettreste, Schmuck und Trachtenbestandteile, Keramik, Spinnwirtel - also das übliche Spektrum westfälischer Höhlenfunde der vorrömischen Eisenzeit. Die noch immer verbreitete Deutung als Ort von Fruchtbarkeitsriten mit Menschenopfern und Kannibalismus kann wohl zu den Akten gelegt werden, da sich hier vielmehr Hinweise auf einen Ort der Sekundärbestattung mit ahnen- und totenkultischen Riten ergeben. Ernst zu nehmen ist sicherlich der Hinweis von W. Bleicher, der auf einen Schachtartigen Charakter der Höhle verweist. Möglicherweise sind tatsächlich Skelettreste, Grabbeigaben und/oder Opfergaben aus den höher gelegenen Teilen der Höhle in die tieferen Teile geworfen worden. Die Schichtbeschreibung von Henneböle/Andree legt diesen Eindruck nahe.

Literaturliste

Zur Geologie:

Grabungsberichte und ´alte Literatur´:

Bedeutung der end-altsteinzeitlichen Funde:

Bedeutung der eisenzeitlichen Funde: (Achtung: durchweg überholt!)

Linkliste zur Exkursion

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Kurze Beschreibung des Links
Links zur Wallburg Lörmund
Informationen ueber den Loermund

Vom Arbeitskreis Heimatpflege in Sichtigvor gibt es hier einige - grundsätzlich recht solide - Informationen über die mittelalterliche Geschichte der Wallburg auf dem Lörmund.

Informationen ueber den Loermund
Gewissermaßen die Fortsetzung des vorherigen Links, Details über die Ausgrabungen und die mittelalterliche Burg auf dem Lörmund - ebenfalls vom Arbeitskreis Heimatpflege.
Informationen ueber den Loermund
Auf den Seiten des Kirchspiels Mülheim/Sichtigvor/Waldhausen gibt es diese Zusammenfassung der ´modernen Geschichte´ des Lörmunds, Informationen über den Kreuzweg und die Kapelle.
Informationen ueber den Loermund
Die Varus-Schlacht ist einfach nicht abzutöten, sie geistert nach wie vor in den Köpfen verschiedenster Heimat-Historiker herum. So auch hier: Ausgerechnet zu Füßen des Lörmunds soll sich Varus sogar in sein Schwert gestürzt haben...Die abstrusen Dinge über die Varusschlacht im Möhnetal
Kalkriese - Ort der Varus-Schlacht
Es muß offensichtlich sein: Eine gute Einstiegsseite - wichtige Links! - zu den Ausgrabungen in Kalkriese, dem einzigen Ort, der bisher archäologische Belege für die Varus-Schlacht vorweisen kann.
Links zum Hohlen Stein
Informationen ueber den Hohlen Stein
Auf der offiziellen Seite der Stadt Rüthen gibt es auch ein paar kurze Hinweise zum Hohlen Stein - nicht so aufregend...
Informationen ueber den Hohlen Stein
Der Hohle Stein auf den Internet-Seiten der Gemeinde Kallenhardt - auch hier sehr wenig Hintergrund.
Informationen ueber den Hohlen Stein
Man darf gespannt sein, noch ist hier jedoch nichts zu sehen.
Informationen ueber den Hohlen Stein
Eine Seite aus dem Umfeld der Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Brilon, leider ist dort noch nicht viel zu sehen (und gerade der interessante Photo-Bereich ist Passwort-geschützt...)
Links zum Lörmecketal
Nabu-Seite über das Lörmecketal
Informationen zum Loermecketal
Das Lörmecketal aus ökologischer Sicht, die Beschreibung des FFH-Gebietes.
Links zum steinzeitlichen Umfeld
Link in die Steinzeit
Seite über die Höhlenstation Kartstein, die ebenfalls Belege für eine Gruppe Ahrensburger Rentierjäger geliefert hat.
Link in die Steinzeit
Die Ahrensburger Rentierjäger haben sogar Auswirkungen auf ein Stadtwappen - das von Ahrensburg natürlich - gehabt, im unteren Teil ist der sog. Kultpfahl von Stellmoor abgebildet
Link in die Steinzeit
Seite von Michael Baales, dem Verfasser der letzten umfangreichen Veröffentlichung über den Hohlen Stein und die Bedeutung der altsteinzeitlichen Funde. Mittlerweile ist er nicht mehr in Monrepos angestellt, er wird im Sommer Leiter der Außenstelle Olpe des Westfälischen Museums für Archäologie/Amt für Bodendenkmalpflege - und damit ganz offiziell für den Hohlen Stein zuständig.
Link in die Steinzeit
Informationen über die Jungsteinzeit allgemein, über Erdwerke und Wallanlagen besonders, Aufsätze, Links...

Stefan Enste, Mai 2002

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