Kein Markustext in Qumran: Das Buch

Kein Markustext in Qumran - BuchdeckelIm Frühjar 2000 erschien die gründlich überarbeitete und aktualisierte Fassung meiner Diplomarbeit als Band 45 in der Reihe "NTOA - Novum Testamentum et Orbis Antiquus", die von Prof. Max Küchler (Freiburg Schweiz) und Prof. Gerd Theissen (Heidelberg) herausgegeben wird.
Nun kann das Buch - auch wenn es nur 163 Textseiten stark ist - hier nicht komplett wiedergegeben werden. Dennoch möchte ich an dieser Stelle das Inhaltsverzeichnis und das Kapitel 7 - die Zusammenfassung der Ergebnisse des Buches - und das letzte Kapitel allgemein zugänglich machen.
Rezensionen des Buches finden Sie auf auf einer eigenen Seite.

Papyrus-Fragment 7Q5

Inhaltsverzeichnis
1.

Einleitung

1
     
2. Zum Fragment 7Q5 4
2.1 Entdeckungsgeschichte der Schriften aus Qumran 4
2.2 Entdeckungsgeschichte des Fragmentes 7Q5 5
     
3. Abriß der Forschungsgeschichte 8
3.1 Erste Publikation 8
3.2 Jose O´Callaghan 9
3.3 Kurt Aland 12
3.4 Carsten Peter Thiede 17
3.5 Andere Identifizierungsversuche 39
3.6 Der Vergleich - eine Methode und ihre fragwürdige Anwendung 41
     
4. 7Q5 und die Frage der Markusdatierung 50
     
5. Argumente für die Identifizierung von 7Q5 mit Mk 6, 52 - 53 59
5.1 Der sichere Buchstabenbestand paßt zu Mk 6, 52 - 53 59
5.2 Das Spatium (Z. 3) paßt zu Mk 6, 52 - 53 60
5.3 Die Stichometrie paßt zu Mk 6, 52 - 53 64
5.4 Die Ligaturen passen zu Mk 6, 52 - 53 65
5.5 Die paläographische Datierung paßt zu Mk 6, 52 - 53 69
     
6. Argumente gegen die Identifizierung von 7Q5 mit Mk 6, 52 - 53 75
6.1 Neutestamentliche Handschriften sind unwahrscheinlich in Qumran 75
6.2 Neutestamentliche Handschriften auf einer Schriftrolle sind unwahrscheinlich 84
6.3 Die Computerversuche sprechen gegen eine Identifizierung von 7Q5 mit Mk 6, 52 - 53 95
6.4 Der angebliche Wegfall dreier Wörter - epi ten gen - kann nicht plausibel erklärt werden 99
6.5 Der angebliche Lautwechsel von Delta zu Tau kann nicht plausibel erklärt werden 106

[Exkurs: Wie aussagekräftig ist das dryphakton - tryphakton-Argument?]

120
6.6 In Zeile 2 steht definitiv kein ny 127
     
7. Ergebnis 140
     
8. Schluß 143
     
9. Literaturverzeichnis 144
9.1 Quellen 144
9.2 Hilfsmittel 147
9.3 Sekundärliteratur 148
     
10.

Abbildungen

Auszug aus dem Buch, Kapitel 7 und 8:

7. Ergebnis

Bis hierhin sind verschiedene Argumente für und gegen die Identifizierung von Fragment 7Q5 mit Mk 6, 52 - 53 vorgestellt und diskutiert worden. Dabei hat sich gezeigt, daß die These eines Markus-Fragmentes in Qumran nicht haltbar ist. Hier noch einmal zusammenfassend die Argumente und ihre Bewertung:

Letztlich konnten somit elf Punkte angeführt werden, die zwar unterschiedlich zu gewichten sind, die dennoch alle gegen eine Identifizierung des Fragmentes 7Q5 mit Mk 6, 52 - 53 sprechen. Vor allem die letzten beiden Punkte, die Ablehnung der Annahme einer Aussprachebesonderheit und die definitive Ablehnung der Lesung eines ny anstelle eines iota, haben Gewicht. Diese Ergebnisse können nicht wegdiskutiert, nicht durch weitere abenteuerliche Hilfshypothesen umgangen werden.
Eine alternative Identifizierung für das Fragment 7Q5 kann nicht geboten werden, was auch nicht Aufgabe dieser Untersuchung war. Dieses Vorgehen ist zwar nicht unbedingt konstruktiv, dennoch ist es notwendig. H. Hunger hielt dagegen: "Angesichts des starken Dissenses innerhalb der Experten sei an eine Forderung der Vernunft und Logik erinnert. Wer eine sinnvolle Entzifferung eines Textes und dessen Identifizierung ablehnt, sollte sich verpflichtet fühlen, eine Alternative anzubieten. [...] Ein ignoramus ist zu billig." Warum das eine Forderung der Vernunft und Logik sein soll, ist nicht einsichtig. Dennoch kann diese Untersuchung auch vor dem Anspruch H. Hungers bestehen, da sie herausgestellt hat: Die Identifizierung 7Q5 = Mk 6, 52 - 53 ist nicht sinnvoll.
Die Frage, welcher Text sich hinter 7Q5 verbirgt muß offenbleiben. Das mag ein Ansporn für neugieriges Fragen und Suchen sein, mit einer Identifizierung der hier kritisierten Art ist jedoch niemandem gedient. Es ist wichtig, auf den Fundort Qumran zu schauen. Viele der dort aufgefundenen Schriften und Texte sind bisher nur aus Qumran bekannt. Da sollte es doch möglich sein, auch für das Fragment 7Q5 anzunehmen, es entstamme einem unbekannten Text. Eigentlich ist das ein sehr einfacher Schritt, der durchaus der ´Forderung der Vernunft und Logik´ entspricht: Wenn ein Fragment keinem bekannten Text zugeordnet werden kann, dann gehört es wohl einem unbekannten Textzusammenhang an.
So kann und muß nun ein Schlußstrich unter die Hypothese 7Q5 = Mk 6, 52 - 53 gezogen werden. Diese These hat sich nicht bewährt, sie konnte widerlegt werden: 7Q ist nicht Mk 6, 52 - 53


8. Schluß

Das Ergebnis dieser Untersuchung ist eindeutig: Das Fragment 7Q5 enthält keinen Text aus dem Markusevangelium.
Daß sich die Befürworter der ntl. Identifizierung davon nicht beeindrucken lassen werden, ist dem Verfasser bewußt, da er sich monatelang mit ihren Argumenten und ihrer Argumentationsstruktur auseinandergesetzt hat. Jedoch ist im Verlauf der Lektüre vielleicht deutlich geworden, daß von den Befürwortern der ntl. Identifizierung Argumente vorgetragen wurden, die sich bei genauer Prüfung als völlig unhaltbar erwiesen, daß teilweise mit einem erschreckenden Maß an Unkenntnis und Ungenauigkeit gearbeitet wurde, daß letztlich selbst vor Verfälschung und Täuschung nicht zurückgeschreckt wurde, nur um die fragwürdige Theses eines Markusevangeliums in Qumran aufrecht zu halten.
Ein Festhalten an der mk. Identifizierung scheint weniger von wissenschaftlichen Motiven als vielmehr vom Wunsch ´es möge doch so sein´ motiviert zu sein. Im Hintergrund stehen dabei durchaus nachvollziehbare Anliegen. Viele erhoffen sich einen greifbaren Anhaltspunkt für die Glaubwürdigkeit der Evangelien und somit letztlich für ihren angefragten Glauben. Das Fragment 7Q5 soll zum Zement im brüchigen Glaubensgebäude werden. Endlich, so wurde und wird geglaubt, hat man etwas in der Hand gegen die ´glaubenszersetzende Exegese´.
Aber welche Hoffnungen werden da geweckt?! Soll sich Glaubensgewißheit auf ein paar Quadratzentimeter Papyrus gründen? Und was wird aus dieser Gewißheit, wenn sich die These als unhaltbar herausstellt? Wenn sich Christen jedweder Konfession und Denomination auf solche windigen Theoriegebäude verlassen, dann sind sie schließlich wirklich verlassen. Und aus diesem Grund ist es eben auch wichtig, sich in aller gebotenen Ausführlichkeit mit wissenschaft-lichen und pseudowissenschaftlichen Außenseitern zu beschäftigen.
Es ist eine bisher noch viel zu wenig angegangene Aufgabe der Kirchen, die Ergebnisse einer langen (historisch-kritischen) exegetischen Forschungsgeschichte zu verbreiten und bekannt zu machen, den Horizont ihrer Mitglieder in diesem Kernbereich des Glaubens zu erweitern. Denn nur ein Grundbestand an Wissen und das von der ´kirchlichen Obrigkeit´ unterstützte Gefühl, daß die wissenschaftliche Erforschung der Bibel eine unbedingte Notwendigkeit für die Kirchen ist, verhilft Gläubigen zu Gelassenheit und gesunder Skepsis gegenüber den alljährlich publizierten ´Sensationen´ und ´Enthüllungen´ über Jesus und die ersten Christen. Solches ´Wissen´ kann dem Glauben nur nützen.
Theoriegebäude der hier kritisierten Art lullen statt dessen ein, wiegen in trügerische Sicherheit, vermitteln die Illusion, daß es mit verfeinerten Methoden irgendwann doch möglich sein wird, das ´Glauben´ durch das ´Wissen´ zu ersetzen. Und solches ´Wissen´ kann dem Glauben nur schaden.

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